Kapitalismus ist effizient, aber – zumindest für gesellschaftliche Belange wie soziale Gerechtigkeit, den Schutz unseres Planeten oder die faire Verteilung von Ressourcen – nicht effektiv. So langsam dämmert das, und der Kapitalismus nimmt nach seinem letzten neoliberalen Wachstumsschub nun erwachsenere Formen an. Immer mehr Unternehmen entwickeln sich aus dem Stadium egozentrischer Pubertät heraus und kommen tatsächlich auf den Trichter, dass ihre soziale und ökologische Verantwortung eventuell doch weitreichender sein könnte, als nur weiteren Profit für sich selbst und ihre Eigentümer zu erzeugen. Zeitgleich freut sich Karl Marx, dass wir seinem Paradies einen gewaltigen Schritt näherkommen, indem eine der Hauptwurzeln für soziale Ungerechtigkeit sukzessiv austrocknet. Denn die fundamentale Trennung zwischen Kapitalisten, die über Produktionsmaschinen verfügen und Arbeitern, die auf diese Produktionsmaschinen angewiesen sind und dafür einen großen Teil ihres Mehrwerts sowie ihrer Selbstbestimmung abgeben müssen (an den Kapitalisten natürlich), verwässert zunehmend. Wo Menschen ihre eigene Musik produzieren, sich und ihre Werke selbst vermarkten, Komponenten durch den eigenen 3D-Drucker herstellen, ihr unabhängiges Coaching- und Consulting Business aufbauen, eigenständig Wissen lehren, Informationen teilen und als Prosumenten ihren eigenen Strom erzeugen und verbrauchen – da ist der KapiMarxismus schon Realität. Aber dort macht er nicht halt! Denn auch auf Unternehmensebene entstehen mehr und mehr Alternativen zu klassischen Gesellschafterstrukturen, in denen Kapitalisten ihre teils unangemessenen, häufig gierigen Renditeerwartungen auf dem Rücken der Mitarbeitenden abladen. Was passiert mit Organisationen, wenn sie allein den Mitarbeitenden gehören? Wie fühlt es sich an, in einem Unternehmen zu arbeiten, das sich selbst gehört und nicht verkauft werden kann? Wie gelingt der Umgang mit der damit verbundenen Verantwortung auf Mitarbeiterebene? Welche Auswirkungen hat das auf Führungs- und Entscheidungsprozesse, auf Stimmung, Engagement, Attraktivität und Zusammenhalt? Im Teil 1 schauen wir uns zusammen mit den Geschäftsführern Michael Hetzer und Martin Renker die Auswirkungen von Profitmaximierung und Renditegier auf das Innenleben von Organisationen an und entwerfen Leitplanken für die attraktiven, kapimarxistischen Unternehmen der Zukunft. Im Teil 2 betrachten wir konkrete Alternativen zu klassisch kapitalistischen Gesellschafterstrukturen. Martin Renker lässt uns tief in seinen Erfahrungsschatz mit Arineo als Employee Owned Company blicken. Michael Hetzer beschreibt den aufregenden und auch aufreibenden Prozess, die Nachfolgeregelung für sein Unternehmen Elobau ganz unegozentrisch zu gestalten, um Elobau „sich selbst zu schenken“.